Zusammenhang zwischen der Zugkraft einer Lokomotive und der maximalen Wagenmasse

Leider fehlt in Literaturquellen und auf WWW-Seiten (auch auf unseren WWW-Seiten, da aus der Literatur entnommen) ein Hinweis, worauf sich die in den Datenblättern angegebene Zugkraft bezieht.
In der Fahrdynamik der Schienenfahrzeuge unterscheidet man nach indizierter Zugkraft (Fi; bei Dampfloks aus aufgenommenen Indizierdiagrammen ermittelbar), Zugkraft am Treibrad/Radumfang (FT, FU) und Zugkraft am Zughaken (FZ, Fe; effektive Zugkraft; meßbar mit z.B. Dynamometer).
Die indizierte Zugkraft ist nach oben begrenzt durch die Leistung der Antriebsanlage (bei Dampfloks durch Heizleistung des Kessels und Leistung der Dampfmaschinen).
FT ergibt sich aus Fi reduziert um die Widerstandskräfte aus der Kraftübertragung und der Reibung der Treibräder. Die Kraft am Treibrad kann nicht größer als die Haftreibungskraft FH werden.
FZ ergibt sich aus FT reduziert um die Widerstandskräfte durch Reibung der nicht angetriebenen Räder, dem Luftwiderstand, den Bogenwiderstand, dem Weichenwiderstand und dem Widerstand aus der Neigung der Strecke. Unter Vernachlässigung des Widerstands der Strecke (Bögen, Weichen, Neigungen) wird bei Schmalspurlokomotiven ein Widerstand der Lok (RL = rL * GL) angesetzt mit der geschätzten spezifischen Lokwiderstandskraft rL = 8‰ ... 10‰. Die Zugkraft am Zughaken darf einen vorgeschriebenen Wert nicht überschreiten, um Zugtrennungen durch Bruch der Kupplung zu vermeiden.

Die Zugkraft einer Lok ist keine konstante Größe. Sie variiert in Abhängigkeit verschiedener Einflüsse. Für jedes Triebfahrzeug werden Diagramme aufgestellt, in welchem die Abhängigkeit der Zugkraft am Zughaken von der Fahrgeschwindigkeit abgebildet ist (Zugkraft- Charakteristik, FZ0-v-Diagramm). Die Zugkraft-Geschwindigkeits-Diagramme gelten für ein gerades Gleis in der Waagerechten (i = 0).

F-v-Diagramm
Diagramm 1: Zugkraft-Charakteristik einer Dampflok

Bis zur Übergangsgeschwindigkeit vÜ wird die Zugkraft von der Haftreibung begrenzt, danach von der Leistung.

Eines der fahrdynamischen Grundgesetze besagt, daß die Summe aller Kräfte Null sein muß. Für konstante Geschwindigkeit ergibt sich die Formel 1).

fahrdynamisches Grundgesetz (1)

FZ Zugkraft am Zughaken   g Erdbeschleunigung (ca. 9,81 m/s²)
GZ Gewichtskraft des Zuges (GL + GW) mZ Masse des Zuges (mL + mW)
GL Gewichtskraft der Lok (mL * g) mL Masse der Lok
GW Gewichtskraft der Wagen (mW * g) mW Masse der Wagen
i' korrigierte Neigung / spezifischer Streckenwiderstand (enthält Neigung, spezifische Bogen- und Weichenwiderstandskraft) rW spezifische Wagenwiderstandskraft (aus Rollreibung, Lagerreibung, Luftwiderstand; für 1000 mm-Schmalspurbahnen ca. 4‰ ... 6‰)

Wenn man statt der Gewichtskraft die Massen und die Erdbeschleunigung einsetzt, erhält man Formel 2).

Formel 2 (2)

Umgestellt nach der Wagenmasse erhält man die Formel 3).

Formel 3 (3)

Mit dieser Formel läßt sich die maximal mögliche Anhängemasse (Schleppmasse; früher Schlepplast) für bestimmte Neigungen (i.d.R. Steigungen mit i > 0) und Geschwindigkeiten berechnen und als mW-v-Diagramm (Wagenmasse-Geschwindigkeits-Diagramm) bzw. i-v-Diagramm (Steigungs-Geschwindigkeits-Diagramm) darstellen.

m-v-Diagramm
Diagramm 2: Wagenmasse-Geschwindigkeits-Diagramm

Als Tabelle aufgestellt spricht man von „Schleppmassentafel“ (früher Schlepplastentafel).
In der Praxis nutzt man nicht die maximale Anhängemasse. Der Zug soll auf dem steilsten Streckenstück z.B. eine bestimmte Geschwindigkeit nicht unterschreiten. Für rutschige Schienen, größere Windgeschwindigkeiten, fehlenden Kesseldruck der Dampflok u.a. Eventualitäten, und weil einige verwendete Werte nur Näherungswerte sind, rechnet man mitunter mit einem Sicherheitsfaktor. Beispielsweise setzt man bei Dampfloks 75% und bei E- und Dieselloks 90% der maximal möglichen Masse an.